Mit dem Spatenstich am 7. April 1950 für die ersten Gebäude der insgesamt geplanten 20 Wohnblöcke der Wohnhaussiedlung General-Keyes-Straße, benannt nach dem Kommandeur des II. US-Corps im Zweiten Weltkrieg und anschließenden Hochkommissars in Österreich, soll nun für die amerikanischen Offiziersfamilien Wohnraum geschaffen werden. Auf den Tag genau sechs Monate nach dem Spatenstich, am Samstag den 7. Oktober 1950 ist das erste der insgesamt 20 Wohnhäuser fertiggestellt. Im September 1951 folgt die endgültige Fertigstellung der Wohnhaussiedlung.
Die Siedlung steht in starkem Kontrast zur lokalen Architekturtradition. Mehr Grün, mehr Raum, der Verzicht auf Blockrandverbauung zugunsten offener Bauweise, geschwungene Verkehrs- und Gehwege sowie bemerkenswert viele Parkplätze zeichnen die Siedlung sowohl 1951 als auch in der Gegenwart aus. Obwohl standardisiert zeugen die Grundrisse trotzdem von einer in Österreich im Siedlungsbau bis dato kaum bekannten Großzügigkeit. Die Grundrissflächen machen pro Wohnung rund 130 m² bis 104m² aus, der dritte Standardgrundriss verfügt über „nur“ 84m². Kaum ein Zimmer hatte also unter 20m². Die Wohnungen verfügen alle über Einbauküche mit Abwasch und Kühlschrank, die Bäder sind standardmäßig mit Spiegelschrank, Handtuchhalter, Zahnputzbecher und –halterung, Einbauschränken und Badewanne ausgestattet. Die Zimmer besitzen ebenfalls von Beginn an Einbauschränke. Gemeinsam mit einer Tankstelle an der Einfahrt zur Siedlung, einer KFZ-Werkstätte und zwei Kaufhäusern - PX-Stores -, bildet die Siedlung in den 50ern eine Stadt in der Stadt aus - von der Salzburger Bevölkerung bis heute „Klein Amerika“ genannt.
Dass die Siedlung bis heute in der öffentlichen Wahrnehmung präsent ist, liegt auch an den vielen Bedeutungsebenen, die ihr innewohnen. Sie dokumentiert etwa jenes Vierteljahrhundert vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Beginn der siebziger Jahre, in der die Stadt Salzburg wahrscheinlich die stärksten räumlichen Veränderungen ihrer Entwicklungsgeschichte erfuhr. Gleichzeitig stehen die Wohnhäuser für die Zeit der österreichischen Besatzung von 1945 bis 1955, einem nicht unwesentlichen Abschnitt in der Zeitgeschichte der Zweiten Republik. Die Wohnhaussiedlung in der General-Keyes-Straße erinnert zudem an das European Recovery Programm, im Rahmen dessen die Gelder des Marshall-Planes Land und Stadt Salzburg überdurchschnittliche Wachstumsraten bescherten und zur dynamischsten Wirtschaftsregion dieser Zeit werden ließen. Mit dem Bau der Siedlung kurbelte man die lokale Wirtschaft an. Zugleich steht „Klein Amerika“ für den Import von Wohnkultur. Die Ausstattung der Wohnungen mit Zentralheizungssystemen, Heißwasserspeicher, Innenklosetts und Einbaumöbeln erzeugte einen Technologieschub und half mit, den Wohnstandard im öffentlichen Wohnbau zu heben.
Derzeit erfolgt am Gelände der Anlage eine maßvolle Nachverdichtung, die gerade wegen der Großzügigkeit möglich ist. Parallel dazu werden in einer ersten Bauetappe die Wohnhäuser sensibel modernisiert, etwa indem ein Lift ein- und die großzügigen Dachgeschosse ausgebaut werden. Eine vom Liegenschaftseigentümer zur Verfügung gestellte Wohnung wird im Zuge dessen zu einer Museumswohnung, da sich in ihr Bad, Küche, Türen bis hin zu Einbauschränken und Lampen die Erbauungszeit am umfassendsten überliefert.
Quelle/Textautor: Bundesdenkmalamt, Abteilung für Salzburg.
Luftbild: Salzburger Landesarchiv.
Einladung: Einladung zu Klein Amerika.pdf